Fast ein Jahr nachdem die deutschen Gesundheitsbehörden die Bluetooth-basierte Corona-Warn-App eingeführt haben, ist die Akzeptanz der App immer noch begrenzt, während inzwischen auch privat entwickelte Lösungen auf den Markt gekommen sind. Um die Nutzungsbereitschaft von Tracking- und Check-in-Apps in Deutschland sowie die Gründe für die begrenzte Akzeptanz zu verstehen, haben wir im März und April 2021 eine Studie unter der Leitung von Simon Munzert, Assistant Professor of Data Science and Public Policy an der Hertie School, zusammen mit Myrto Papoutsi und Holger Nowak aus unserem Research Service Team, durchgeführt.
„Ein entscheidender Faktor für die Wirksamkeit dieser Apps ist die breite Nutzung in der Bevölkerung“, schreiben die Forscher in ihrem Bericht, der die Ergebnisse der neuen Studie zusammenfasst. „Sowohl Zweifel, ob die Apps funktionieren, als auch Bedenken bezüglich des Datenschutzes können einer breiten Nutzung im Wege stehen.“
Die Corona-Warn-App hat über 27 Millionen Downloads, dies entspricht etwa einem Drittel der deutschen Bevölkerung. Die Diskrepanz zwischen den Downloadzahlen und der tatsächlichen Nutzung sowie die Tatsache, dass die App nur minimale Informationen über die Nutzer an zentrale Behörden weitergibt, machen es schwierig, die Nutzung zu bewerten. Um zu verstehen, wer diese und andere COVID-19-Apps nutzt und was mögliche Hindernisse für die Nutzung sind, haben wir zwei sich ergänzende Methoden kombiniert: Die Hälfte der Stichprobe stammte aus unserem Behavioral Panel, in dem wir die Nutzung der Apps tatsächlich messen konnten. Außerdem befragten wir 2.099 Smartphone-Nutzer in Deutschland.
Die Ergebnisse zeigen, dass die Corona-Warn-App mit 79 % Bekanntheit die dominierende Tracking-App in Deutschland bleibt; sie ist fast doppelt so hoch wie beim engsten Konkurrenten, der privat entwickelten Luca-App. Auch die Nutzerbasis der Corona-Warn-App übertrifft die der Konkurrenten bei weitem, und die meisten Luca-Nutzer sind ebenfalls Nutzer der Corona-Warn-App. Dennoch hatte nur etwas mehr als ein Drittel der Teilnehmer die Corona-Warn-App installiert.
Bei der Corona-Warn-App sind Zweifel an der Effektivität der App der häufigste Grund für die Nicht-Nutzung. 57 % der Nicht-Nutzer nennen dies als Grund. Es folgen Bedenken hinsichtlich staatlicher Überwachung und Datenschutz (jeweils 25 %) und die Tatsache, dass Bluetooth ständig eingeschaltet sein muss (24 %). Diese Studie bestätigt eine frühere Studie von Simon Munzert in Kooperation mit respondi, die ebenso auf einer Kombination von Verhaltens- und Befragungsdaten basiert. Außerdem zeigt diese neue Studie, dass Personen, die eine Tracking-App nutzen, auch eher die Maßnahmen zum Schutz vor einer Ansteckung befolgen.
Bei der Diskussion über die begrenzte Akzeptanz der Corona-Warn-App und ihrer Konkurrenten fanden wir Anzeichen dafür, dass die App ihre Nutzerbasis noch erweitern könnte. Das jüngste Update der Corona-Warn-App, das die Kontaktverfolgung mit QR-Code-Check-in ermöglicht, scheint eine vielversprechende Entwicklung zu sein. Die aktuelle Herausforderung liegt also darin, die bisherigen Nicht-Nutzer durch klare Kommunikation und Werbung für die Funktionalität der App zu überzeugen. Das neue Update, das die Privacy-by-Design-Check-in-Funktionalität in Version 2.0 hinzufügt, könnte ein großer Schritt in diese Richtung sein.
Erfahren Sie mehr im vollständigen Studienbericht.